film

Mittwoch, 18. Februar 2009

Er steht einfach nicht auf dich (He's just not that into you)

USA 2008
R: Ken Kwapis
D: Ben Affleck,Jennifer Aniston, Drew Barrymore, Jennifer Connelly, Kevin Connolly, Bradley Cooper, Ginnifer Goodwin, Scarlett Johansson, Justin Long

Die Autoren des "Sex an the City"-Films wollten mit einer weiteren flotten Beziehungskomödie noch eins draufsetzen, doch trotz Star-Besetzung geht die Rechnung nicht auf.

In Carrie-Bradshaw-Manier hören wir eine Erzählerin aus dem Off über Beziehungen nachdenken, sie kommt zu dem Schluss, Frauen würden irrtümlicherweise annehmen, ein Mann, der sie schlecht behandelt, würde das tun, weil er sie gern hat. Die Frauen würden nicht erkennen, „er steht einfach nicht auf dich“. Abgesehen davon, dass das eine ziemlich platte und dämliche Verallgemeinerung ist, ist es nicht besonders klug, der eigenen Zielgruppe vor den Latz zu knallen, sie sei völlig naiv und würde ständig die selben Fehler machen.

Zur Darstellung dieser „Theorie“ werden die Geschichten mehrerer Frauen erzählt. Gigi (Ginnifer Goodwin) ist eine romantische Drama-Queen, die tagelang ums Telefon herumschleicht und auf den Anruf ihres letzten Dates wartet. Gigis Kollegin Beth (Jennifer Aniston) hingegen wartet vergeblich darauf, von ihrem langjährigen Freund (Ben Affleck) endlich einen Heiratsantrag zu bekommen, während Janine (Jennifer Connelly) seit Jahren mit Ben (Bradley Cooper) verheiratet ist, der mit der Sängerin Anna (Scarlett Johansson) eine Affäre hat. Annas Freundin Mary (Drew Barrymore) wiederum sucht im Internet verzweifelt nach einem Partner und genau der Typ (Kevin Connolly), der Gigi nicht zurückruft, hätte gerne eine Beziehung mit Anna, die aber in den verheirateten Ben verliebt ist.

Abgesehen davon, dass sich alle Figuren über ein paar Ecken kennen ist der Plot sehr vorhersehbar und auch der Humor hält sich in Grenzen. Im Gegensatz zu den Mädels in „SATC“ sind jene in „Er steht einfach nicht auf dich“ auch keine sympathischen Powerfrauen, die mit beiden Beinen im Leben stehen und daneben ihre liebe Not mit Männern haben, sondern sehr klischeehaft und oberflächlich gezeichnete Figuren, die ihren Platz in der Welt scheinbar ausschließlich über einen Mann definieren. Auch das Ende ist selbst für einen „Frauenfilm“ zu viel kitschig.

In einer Kinovorstellung mit ca. 99 % Frauen unter den Gästen ließen deren Kommentare beim Verlassen des Saales darauf schließen, dass fast alle enttäuscht waren. Für einen netten Abend mit Freundinnen sollte frau es sich besser mit alten „SATC“-Folgen vorm Fernseher gemütlich machen.

2/10

Er steht einfach nicht auf dich

Dienstag, 3. Februar 2009

Der seltsame Fall des Benjamin Button

USA 2008
Regie: David Fincher
D: Brad Pitt, Cate Blanchett, Tilda Winton, Taraji P. Henson, Julia Ormond

Benjamin Button (Brad Pitt) kommt als Greis zur Welt und wird von Jahr zu Jahr jünger, was Beziehungen zu anderen Menschen ziemlich kompliziert gestaltet.


Es hat den Anschein, als würden David Fincher und Brad Pitt nur gemeinsam zur vollen Größe auflaufen. Finchers letzte Filme erreichten nie die bildgewaltige Intensität von „Sieben“ und „Fight Club“, beide mit Brad Pitt in der Hauptrolle. Dieser wiederum zeigte in jenen beiden Filmen, dass wer weit mehr drauf hat als bloß gut auszusehen. Seither sorgt er allerdings primär als Dad der Brangelina-Sippe für Schlagzeilen und war nur in Rollen zu sehen, die ihn kaum forderten. Die neuerliche Zusammenarbeit erweist sich für den Ausnahme-Regisseur und seinen Lieblingsschauspieler erneut als Glücksgriff und könnte beiden ihre ersten Oscars einbringen.

Die Geschichte von Benjamin Button ist wahrhaft seltsam: 1918 wird in New Orleans ein Baby mit dem Körper eines Greises geboren - es hat grauen Star, faltige Haut, arthritische Gelenke. Die Mutter stirbt bei der Geburt, der Vater erträgt den Anblick des verhutzelten Wesens nicht und setzt es auf der Schwelle eines Altersheimes aus. Dort findet die Altenpflegerin Queenie (Taraji P. Henson) das Kind und nimmt es ins Heim auf. Während um ihm herum Tod und Vergänglichkeit den Alltag dominieren, stellt sich heraus, dass Benjamin Buttons (Brad Pitt) Körper von Jahr zu Jahr jünger wird.

Er freundet sich mit dem Mädchen Daisy an, doch obwohl sie fast gleich alt sind, sieht er aus wie ihr Urgroßvater. Benjamin kommt mit den Jahren körperlich besser in Form, verlässt das Heim und wird Seemann. Er bereist die Welt, bleibt aber stets in Kontakt mit Daisy (als Erwachsene: Cate Blanchett, wie immer zauberhaft), die als Tänzerin Karriere macht. Irgendwann werden sich die beiden Seelenverwandten altersmäßig in der Mitte treffen. Ihr gemeinsames Glück hat ein vorprogrammiertes Ablaufdatum, denn Benjamin wird schließlich irgendwann zum Kind werden.

Drehbuchautor Eric Roth hielt sich nur grob an die Kurzgeschichte "The curious case of Benjamin Button" von F. Scott Fitzgerald, die bisher als unverfilmbar galt. In vielen Momenten fühlt man sich an „Forrest Gump“ erinnert, dessen Drehbuch ebenfalls von Roth verfasst wu rde. Der Protagonist erzählt seine Lebensgeschichte, er bereist die Welt, durchlebt fast das gesamte 20. Jahrhundert und trifft auf allerlei skurrile Figuren, doch seine Gedanken sind stets bei seiner Jugendfreundin.

Benjamin Buttons Geschichte ist jedoch sehr viel melancholischer als jene von Forrest Gump. Das zentrale Thema ist nicht mehr und nicht weniger als die Vergänglichkeit des menschlichen Daseins. Der Film stellt die wichtigste aller Fragen, jene nach dem Sinn des Lebens und lehrt uns, schöne Zeiten mit Menschen, die uns wichtig sind, umso mehr zu schätzen, da sie wie alles auf der Welt nicht von Dauer sind.

Wer das kitschig findet bzw. sich mit derart ernsten Fragen nicht auseinandersetzten möchte, wird sich in einem Film mit fast drei Stunden Spiellänge sehr bald langweilen - trotz beeindruckender Maske und sensationeller Special Effects, die Brad Pitt und Cate Blanchett weit jünger und weit älter zeigen, als sie sind, detailverliebter Regiearbeit, wohl dosiertem Humor und einem großartigen Cast. Jene, die sich darauf einlassen, sehen ein wahres Meisterwerk, das mit atemberaubenden Bildern und einer tief berührenden Story die ganze Magie des Kinos entfaltet.

Welch Ironie der Traumfabrik, dass nun ausgerechnet ein Film über die Vergänglichkeit der Jugend für 13 Academy Awards nominiert wurde - wo sich doch gerade für die Oscarverleihung die größten Botox-Vorkommen der Welt in einem Saal versammeln...

8/10

http://wwws.warnerbros.de/benjaminbutton/

Mittwoch, 28. Januar 2009

Der fremde Sohn (The Changeling)

USA 2008
R: Clint Eastwood
D: Angelina Jolie, John Malkovich, Jeffrey Donovan, Michael Kelly

Clint Eastwoods erschütterndes Drama nach einem wahren Kriminalfall zeigt Angelina Jolie in der besten Rolle ihrer bisherigen Karriere.

Los Angeles im Jahr 1928. Die Telefonistin Christine Collins (Angelina Jolie) ist alleinerziehende Mutter eines 9-jährigen Sohnes, der eines Tages spurlos verschwindet. Landesweit wird nach Christines Sohn Walter gesucht. Nach fünf Monaten wird zwar ein Junge gefunden, der behauptet, Walter Collins zu sein, doch Christine weiß sofort: das ist nicht ihr Sohn! Polizei-Captain Jones (Jeffrey Donovan) weigert sich allerdings, ihr zu glauben.

Das LAPD dieser Tage ist zutiefst korrupt und inkompetent. Der "Erfolg" im Fall Collins soll daher als positive Publicity ausgeschlachtet werden. Also schenkt man Christine einfach kein Gehör, redet ihr ein, sie müsse sich irren und schickt sie mit dem fremden Kind nach Hause. Dort wird ihr immer deutlicher klar, dass der Junge nicht Walter sein kann und sie will verhindern, dass die Suche nach ihrem wahren Sohn eingestellt wird. Die Polizei jedoch die hartnäckige Frau für lästig, man erklärt sie für hysterisch, sie habe Wahnvorstellungen und sei eine unfähige Mutter.

Einzig Pfarrer Briegleb (John Malkovich), der die Machenschaften des korrupten Polizeiapparates öffentlich anprangert, setzt sich für Christine ein. Als sich die verzweifelte Mutter schließlich an die Presse wendet, lässt Captain Jones sie in die Psychiatrie einweisen. Doch auch in der Bevölkerung regt sich immer mehr Unmut gegenüber der Polizei und plötzlich tauchen neue Hinweise auf, was mit Walter geschehen sein könnte.

Der Fall Walter Collins war einer der größten Skandale der US-Kriminalgeschichte. Wie Christine in die Mühlen eines korrupten und frauenfeindlichen Systems gerät, schockiert und erschüttert zutiefst, gerade weil es sich um eine true story handelt. Angelina Jolie, sonst nicht gerade für die Wahl anspruchsvoller Rollen bekannt, liefert die beste Leistung ihrer bisherigen Karriere. Der Part der kämpferischen Mutter scheint Hollywoods Mommy Nr. 1 auf den Leib geschrieben, dafür wurde sie auch mit einer Oscar-Nominierung belohnt.

Kritiker sprechen bereits von Clint Eastwoods bestem Film, wobei nach "Mystic River" und "Million Dollar Baby" die Latte unglaublich hoch liegt. Im Gegensatz zu letzterem drückt „Der fremde Sohn“ auch kaum auf die Tränendrüse, obwohl die Story dafür genug Ansatzpunkte liefern würde.

Da der Film als Krimi beginnt und sich zum Sozialdrama, Thriller und schließlich Justizdrama entwickelt, bleibt er trotz Überlänge spannend. Er ist bis in die Nebenrollen perfekt besetzt, wunderbar komponiert und in düstere Bilder getaucht, die Ausstattung im Stil der Zwanziger Jahre mit großer Liebe zum Detail umgesetzt, bis hin zu gräßlichen Hüten und alten Autos.

Die zentrale Message lautet: Niemals den Kampf um Gerechtigkeit aufgeben, ziviler Ungehorsam macht Sinn, auch eine/r Einzelne kann ein kaputtes System zu Fall bringen. Yes we can...

9/10

http://movies.universal-pictures-international-germany.de/derfremdesohn/

Freitag, 23. Januar 2009

Zeiten des Aufruhrs (Revolutionary Road)

USA 2008
Regie: Sam Mendes
D: Kate Winslet, Leonardo DiCaprio, Kathy Bates, Michael Shannon

Erstmals seit "Titanic" stehen Kate Winslet und Leonardo DiCaprio wieder gemeinsam vor der Kamera. Diesmal weit weniger romantisch: als Paar, dessen Ehe am Ende ist.

Frank und April Wheeler sind ein junges Ehepaar in den 1950er Jahren, wo es üblich war, dass sich die Frau um Haushalt und Kinder kümmert und der Mann das Geld nach Hause bringt. Genau so wollten die Wheelers eigentlich niemals sein. Sie hielten sich immer für etwas Besonderes, wollten ein spannendes, unkonventionelles Leben führen.

Doch die Geburt zweier Kinder zwingt die Möchtegern-Bohémiens dazu, in die Vorstadt zu ziehen und so zu leben wie jene Spießer, die sie eigentlich verachten. Aprils Schauspielkarriere endet jäh mangels Talent, Frank geht einem langweiligen Job nach, den er hasst, während seiner Frau zuhause die Decke auf den Kopf fällt. Ihren Frust darüber, dass sie ihre Träume nicht verwirklichen konnten, lassen die beiden immer häufiger aneinander aus.

April konzentriert all ihre Hoffnungen auf einen Umzug nach Paris, der einen Neubeginn bringen soll. Sie möchte dort arbeiten und die Familie ernähren, Frank soll endlich Zeit haben um herauszufinden, was er eigentlich will. Ihre Freunde halten dies für eine Schnapsidee, aber auch Frank ist sich nicht sicher, ob er wirklich den Mut aufbringt, den Schritt ins Ungewisse zu wagen. Als April erneut schwanger wird, scheint auch die letzte Chance auf Errettung aus der erdrückenden Banalität vertan.

Regisseur Sam Mendes (Kate Winslets Ehemann) widmet sich nach dem Geniestreich "American Beauty" erneut der Hölle, die sich hinter der perfekten Fassade netter Vorstadthäuschen verbirgt. Doch "Zeiten des Aufruhrs", der Verfilmung von Richard Yates' Roman "Revolutionary Road", fehlt der zynische Humor von "American Beauty" - hier gibt es keinen positiven Unterton, die Situation scheint ausweglos. Dies ist harter Stoff, der an die Nieren geht. Denn wer fragt sich nicht selbst manchmal, ob man das Leben führt, das man sich erträumt hat?

Die Chemie zwischen Leonardo DiCaprio und Kate Winslet stimmt immer noch, wenngleich sie ihn mit Leichtigkeit an die Wand spielt. Wenn April Wheeler kettenrauchend ins Leere starrt, ist die Verzweiflung einer Frau, der jeder Sinn im Leben abhanden kam, schmerzhaft spürbar. Das brachte Kate Winslet auch völlig zu Recht einen Golden Globe ein.

8/10

Bolt - Ein Hund für alle Fälle

USA 2008
Regie: Byron Howard, Chris Williams
Sprecher (engl): John Travolta, Miley Cyrus
Sprecher (deutsch): Christian Tramitz, Louisa Wietzorek

Mit seinen Superkräften kann Bolt sein Frauchen aus jeder Gefahr retten. Er ahnt nicht, dass er in Wirklichkeit nur der Star einer TV-Serie ist und hinter seinen fantastischen Fähigkeiten Special Effects stecken.

Mit seiner menschlichen Freundin Penny erlebt Superhund Bolt zahlreiche Abenteuer im Kampf gegen einen bösen Schurken. Bolts Augen können Laserstrahlen entsenden, und wenn er seinen Turbo-Beller einsetzt, fliegt alles durch die Luft. Die TV-Produzenten wollen, dass Bolt wirklich denkt, Penny sei in Gefahr und er hätte Superkräfte, damit die Serie so authentisch wie möglich wirkt. Der Hund lebt am Set, die Drehs und Effekte werden minutiös hinter seinem Rücken geplant. Bolts Interesse gilt einzig und allein Penny.

Eines Tages verirrt sich Bolt am Studiogelände und landet mit einer Postsendung versehentlich in New York. Er denkt noch immer, er müsse Penny vor dem bösen Mann mit dem grünen Augen retten und versucht sie zu finden.

Die zynische, von den Menschen enttäuschte Straßenkatze Mittens soll ihm dabei helfen. Gemeinsam mit Hamster Dino, Bolts größtem Fan, machen sie sich auf den Weg nach zurück nach Hollywood. Während Bolt feststellen muss, dass er gar keine Superkräfte hat, sind auf der Reise zahlreiche reale Gefahren zu überwinden.

Die Story ist - typisch Disney- relativ harmlos und vorhersehbar, das zuckersüße Happy End natürlich vorprogrammiert. Die simpel-kitschige Message lautet, auch ohne Superkräfte kann man gemeinsam mit Freunden viel erreichen...

Allerdings gibt es rasante Action, einen total durchgeknallten Hamster und ziemlich dämliche Tauben, die für zahlreiche Lacher sorgen. Die Animation ist bemerkenswert und es wurde auch sehr viel Wert auf die typischen Eigenheiten von Hunden, Katzen und Hamstern gelegt, was die Charaktere besonders liebenswert macht. Bleibt nur zu hoffen, dass nach dem Film nicht alle Kinder auf einmal weiße Hündchen haben wollen, die dann im Tierheim landen.

6/10

http://www.bolt-derfilm.de

Sonntag, 18. Januar 2009

TV-tip: oliver stone's W.

18.01., 20:15, ORF1

nur noch zwei tage, dann geht die große obama-show erst richtig los. man darf gespannt sein. er wird entweder einer der wichtigsten US-präsidenten aller zeiten oder die größte enttäuschung. vor kurzem sprach ich mit einem bekannte, der einige zeit in amerika gelebt hatte. ich wollte eigentlich sagen "ich bin gespannt, wie viel er von der versprochenen 'change' wirklich umsetzen kann". mein gegenüber unterbrach mich nach "ich bin gespannt..." mit den worten "... wie lange er am leben bleibt?" tja, das auch. denn je mehr er zum positiven verändern will/wird, umso gefährlicher lebt er, ganz abgesehen von irren rassisten, die ihn ja schon im wahlkampf töten wollten.

rechtzeitig zur amtseinführung des inspirierendsten politikers seit langem sendet der ORF oliver stones biopic über jenen, der als dümmster US-präsident der geschichte in erinnerung bleiben wird. "W." lief kurz vor den präsidentschaftswahlen in den USA und wird wohl (neben dumpfbacke sarah palin) auch einiges zum endergebnis beigetragen haben.

oliver stone gilt ja als einer der obersten nestbeschmutzer neben michael moore und arbeitet sich gern an präsidenten ab (nixon, JFK, fidel castro). bei uns lief der "W." nicht im kino, daher bin ich schon sehr gespannt drauf, der trailer sieht vielversprechend aus, die besetzung ebenfalls. vor allem richard dryfuss als dick cheney ist ziemlich furchteinflößend.



in dem zusammenhang sei auch diese szene aus "harold & kumar - flucht aus guantanamo" empfohlen:

Freitag, 16. Januar 2009

Ein Augenblick Freiheit

Österreich, Frankreich 2008
R: Arash T. Riahi
D: Navid Akhavan, Pourya Mahyari, Elika Bozorgi, Sina Saba, Fares Fares, Michael Niavarani

Leben im iranischen Gottesstaat, das bedeutet: sich anpassen oder kämpfen und sterben. Als letzter Ausweg bleibt vielen nur die Flucht in die Türkei und quälendes Warten auf Asyl.

"Ein Augenblick Freiheit" zeigt das Schicksal verschiedenster iranischer Flüchtlinge. Da sind etwa die Kinder Azy und Arman, die von ihrem Onkel Ali und dessen Freund Merdad zu ihren Eltern gebracht werden sollen, die bereits in Österreich leben. Hassan hingegen verlässt den Iran mit seiner Frau und seinem kleinen Sohn, in der Hoffnung auf eine Zukunft in Freiheit.

Nach der abenteuerlichen Flucht über schneebedeckte Berge landen sie in einer schäbigen Absteige im türkischen Ankara, wo ein schleimiger Hotelbetreiber Kapital aus ihrer Notsituation schlägt. Ebenfalls dort gestrandet sind der schwermütige politische Aktivist Abbas, sowie der Kurde Manu, ein unverbesserlicher Optimist, der von einem schönen Leben in Deutschland träumt, mit Pool und Mercedes.

Für einen Augenblick genießt man die Freiheit in der Türkei, wo man sich frei bewegen und seine Meinung äußern kann. Doch schnell werden die Flüchtlinge von der Realität eingeholt, es beginnt eine zermürbende Zeit des Wartens auf einen positiven Asylbescheid, der die Ausreise in ein Drittland erlaubt. Nächtelang campieren Flüchtlinge vor dem Gebäude der UNO, schlagen sich mit der Bürokratie herum, während die Ersparnisse langsam schwinden. Hinzu kommt die ständige Angst vor der Abschiebung und vor dem iranischen Geheimdienst.

Doch trotz aller Tragik der dramatischen Lebensumstände bleibt auch Raum für Humor, etwa die ganz eigene Sicht der kleinen Kinder auf die ungewohnte Situation oder der schrullige Manu (Fares Fares), der sich nie unterkriegen lässt und eine irre Idee nach der anderen hat. Wenn er Hühnchen essen will, dann erlegt er eben einfach einen Schwan, das ist auch nur ein großes Huhn….

Regisseur Arash T. Riahi ist selbst als Kind mit seinen Eltern aus dem Iran nach Österreich geflohen, er verarbeitet mit seinem Spielfilmdebüt seine eigenen Erfahrungen und weitere authentische Geschichten. Ihm gelang ein poetischer und rührender Film über Heimat und Identität, sowie ein eindringliches Plädoyer für mehr Toleranz.

"Ein Augenblick Freiheit" zeigt, mit welchen Ängsten und Problemen Flüchtlinge zu kämpfen haben und unter welchen Umständen Menschen dazu gezwungen sind, ihre Heimat zu verlassen. Darüber sollten jene einmal nachdenken, die gern unreflektiert über "die Ausländer" schimpfen.

7/10

http://www.foramomentfreedom.com

Donnerstag, 8. Januar 2009

Lemon Tree

Israel, Deutschland, Frankreich 2007
R: Eran Riklis
D: Hiam Abbas, Ali Suliman, Rona Lipaz-Michael, Doron Tavory


Ein Zitronenhain in der Westbank wird zum Politikum. Eran Riklis Film beschreibt einfühlsam und humorvoll den ganz normalen Wahnsinn im Nahen Osten, im Moment leider hochaktuell.


Die palästinensische Witwe Salma (tief beeindruckend und heroisch: Hiam Abbas) bewirtschaftet einen Zitronenhain in der West Bank, unmittelbar an der Grenze zu Israel. Als ausgerechnet der israelische Verteidigungsminister (Doron Tavory) in das Haus gegenüber einzieht, gelten die Zitronenbäume plötzlich als Sicherheitsrisiko. Weil der Geheimdienst fürchtet, Terroristen könnten sich zwischen den Bäumen verstecken, soll die Plantage abgeholzt werden.

Doch Salma setzt sich zur Wehr, denn der Zitronenhain ist alles was sie besitzt. Im Kampf für ihre Bäume zieht sie gemeinsam mit dem jungen palästinensischen Anwalt Ziad Daud (Ali Suliman) bis vor den Obersten Gerichtshof. Dabei entwickelt sich eine tiefe Zuneigung zwischen den beiden, doch als verwitwete arabische Frau wird Salma von strengen Traditionen eingeschränkt. Anstatt sie in ihrem Rechtsstreit zu unterstützen, begegnen ihr die Männer in ihrer Umgebung mit Argwohn, weil sie sich mit dem jungen Anwalt trifft.

Der „Zitronenkrieg“ erregt auch die Aufmerksamkeit der Medien, sogar international. Während der Minister nicht nachgeben will bzw. kann, bewundert dessen Frau Mira (Rona Lipaz-Michael) die arabische Nachbarin für ihren Mut. Mira fühlt sich unglücklich und einsam in ihrer Ehe. Über die streng bewachte Grenze hinweg entsteht eine starke Sympathie zwischen den beiden Frauen, die in verschiedenen Welten leben und dennoch viel gemeinsam haben.

Salmas Kampf gegen die israelische Bürokratie zeigt auf eindrucksvolle Weise, mit welchen Problemen sich die Menschen im Nahost-Konflikt tagtäglich herumschlagen müssen. Trotz der ernsten Lage entstehen immer wieder absurd-komische Situationen, etwa dass man nicht nach Hause fahren kann, weil Straßen plötzlich von der Armee gesperrt werden oder dass Salma ihren eigenen Garten nicht betreten darf. Man sieht auch eindeutig den Unterschied zwischen den beiden Völkern: auf dem Gebiet der Palästinenser wirkt alles beengt, die Autos sind alt und rostig, die Häuser klein und schäbig, der Putz bröckelt von den Wänden – nur der Zitronengarten ist ein Ort der Ruhe und Schönheit. Auf der israelischen Seite der Grenze gibt es hingegen das riesige, luxuriöse Haus des Ministers, breite und saubere Straßen – aber auch allgegenwärtige Angst.

"Lemon Tree" ist nicht nur einen kluger, humorvoller Film zu einem politisch hoch brisanten Thema, vor allem zeigt er die Schicksale hinter den Schlagzeilen, die uns aus der Region erreichen. Er vermag damit mehr Verständnis für die Lage im Nahen Osten zu erzeugen als so manche Analyse politischer Experten.

8/10

http://www.lemontree-derfilm.de/

Dienstag, 30. Dezember 2008

Jahresrückblick 2008 - Film

Wie jedes Jahr an dieser Stelle - mein Faible für Listen.

Filme 2008, in my humble opinion
1. The Dark Knight
2. Brügge sehen … und sterben?
3. Let’s Make Money
4. There Will Be Blood
5. Once
6. You Kill Me
7. Eastern Promises
8. So viele Jahre liebe ich dich
9. Juno
10. Mamma Mia! (v.a. wegen Meryl Streep)

Animation
1. Madagaskar 2
2. Kung Fu Panda
3. Wall-e

Zu "Dark Knight" sag ich nicht viel, darüber wurde ja überall sehr viel geschrieben. Und er ist wirklich so gut. Heath Ledger gibt den Irren so intensiv, dass man Gänsehaut bekommt.

Zu "Brügge..." - Colin Farell's beste Rolle ever, weil er einfach völlig anders ist als sonst, er wirkt total jung und unreif, als wäre er allerhöchstens 20, er ist völlig mit den Nerven fertig und auch nicht besonders helle. Für einen, der in SWAT oder Daredevil die harte Sau gegeben hat, eine reife Leistung. Auch das Drehbuch ist genial, es gibt saukomische Dialoge und sehr schräge Charaktere, erinnert an Tarantino oder Cohens, ist aber noch ein bisschen besser als diese. Der Film hat irgendwie viel weniger Beachtung bekommen als er verdient.

Bevor jemand schreit, folgende wurden nicht berücksichtigt, weil ich sie noch nicht gesehen habe:
I’m Not There, Revanche, Gomorrha, Control, Waltz With Bashir, Into the Wild

Der Musik-Rückblick folgt in den nächsten Tagen, da geh ich noch in mich.

Dienstag, 23. Dezember 2008

Echte Wiener - Die Sackbauer-Saga

Regie: Kurt Ockermüller
mit Karl Merkatz, Ingrid Burkhard, Manuel Rubey, Dolores Schmidinger, Götz Kaufmann, Hilde Sochor

Bei der Premiere von "Echte Wiener" wurde im Kino "Mundl-Bier" verteilt. Und des Bier is doch deppert... Der dadurch relativ bald einsetzende Harndrang ist aber nicht der einzige Grund, warum man sich als Mundl-Fan verkrampft.

Ein notorischer Grantscherben war Edmund Sackbauer (Karl Merkatz) ja schon immer, aber als sein Schrebergartenhaus für den Bau einer Autobahn abgerissen wird, ist er noch unleidlicher als sonst. Zudem liegt sein Freund Kurti (Götz Kaufmann) nach jahrzehntelangem Alkoholmissbrauch im Sterben. Toni Sackbauer (Ingrid Burkhard) macht sich ernsthaft Sorgen um ihren Mann, der anscheinend sämtliche Lebensfreude verloren hat. Um ihn aufzuheitern, plant sie eine große Feier zu seinem 80. Geburtstag. Die gesamte Familie, sowie alle alten Freunde sollen zum Fest kommen.

Es ist viel Wasser die Donau hinuntergeflossen, seit "Ein echter Wiener geht nicht unter" vor über 30 Jahren das heimische TV aufgemischt hat. Unsere Fernsehgewohnheiten haben sich verändert und natürlich ist es auch schwierig, ein TV-Format aufs Kino umzulegen. Die Serie spielte damals primär im Gemeindebau, die Handlung drehte sich um Mundl, Toni, ihre beiden Kinder und Enkerl René (aka "Ränne").

2008 ist der Sackbauer-Clan gewachsen, Mundl und Toni haben drei Enkel und einen Urenkel, verteilt auf verschiedene Wohnsitze in Wien und Hamburg. Und auch sämtliche Nebenfiguren von damals werden vor die Kamera gezerrt, wie Kurti und Fini, Kieberer Stanek, Franzi, das "Nudlaug" – selbst der heuer verstorbene Kurt Weinzierl als Onkel Vitus aus Tirol.

Zu viele Personen und Ortswechsel sind genau das Problem von "Echte Wiener". Etliche Geschichten werden gleichzeitig erzählt, weil zu viele Figuren unter einen Hut gebracht werden müssen. Daher werden alle möglichen ernsten Themen nur oberflächlich angekratzt - da ist der obdachlose Alkoholiker, der verwitwete depressive Alleinerzieher mit dem komasaufenden pubertären Sohn, die Tochter, die jeden Kontakt zur Familie abgebrochen hat, etc. Für mehrere Folgen einer Fernsehserie hätte das wohl funktioniert, für 100 Minuten Film ist es zu viel auf einmal. Daher wirkt die Geburtstagsfeier als vereinendes Element für alle Handlungsstränge auch ziemlich dürftig und gezwungen.

Durch die Schwierigkeiten der Dramaturgie bleibt leider der Schmäh auf der Strecke. Eh kloar, Karl Merkatz als Mundl ist nach wie vor eine Klasse für sich, doch besonders viele Szenen hat er leider nicht. Auch gibt es keine neuen lässigen Sager von Österreichs Parade-Prolo, nur die hinreichend bekannten Sprüche wie die "Watschn, dass da vierzehn Tog da Schädl wocklt".

Vor allem erscheint "Echte Wiener" sehr melancholisch und düster, die Figuren sind vom Schicksal gebeutelt und verbittert. Während der TV-Serie bei allen "Zores" immer ein optimistischer Ton zugrunde lag, ist hier ist rein gar nichts lustig. Mundl-Fans werden ziemlich enttäuscht sein, einzig der Titelsong von Texta ist wirklich gelungen.

2/10

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