Der Vorleser
USA/Deutschland 2008
R: Stephen Daldry
D: Kate Winslet, David Kross, Ralph Fiennes, Bruno Ganz
Der Schüler Michael wird von einer älteren Frau verführt und dazu gebracht, ihr aus Büchern vorzulesen. Er ahnt nicht, welche Geheimnisse auf der wortkargen Hanna lasten.
Deutschland 1958 - Auf dem Schulweg wird dem 15-jährigen Michael (David Kross) schlecht, die Straßenbahnschaffnerin Hanna Schmitz (Kate Winslet) kümmert sich um ihn und bringt ihn nach Hause. Als er sie später besucht um sich zu bedanken, verführt Hanna den Schüler, der nur halb so alt ist wie sie. Die beiden beginnen eine leidenschaftliche Affäre.
Michael ist fasziniert von der älteren Frau und verliebt sich in sie, doch Hanna hält ihn auf Distanz. Sie scheint ganz gierig auf Literatur zu sein und es wird zur Gewohnheit, dass ihr Michael vor dem Sex aus Büchern vorliest. Einen Sommer lang dreht sich das Leben für Michael nur noch um Hanna, er vernachlässigt seine Familie und Freunde. Doch von einem Tag auf den anderen verschwindet Hanna spurlos, ohne jede Nachricht.
Acht Jahre später studiert Michael Jura in Berlin. Im Rahmen eines Seminars beobachtet er einen Prozess gegen fünf ehemalige Wärterinnen des KZ Auschwitz, die für den Tod von 300 Menschen verantwortlich sein sollen. Michael ist zutiefst erschüttert, Hanna auf der Anklagebank zu sehen. Sie wirkt völlig gefühllos und ist der Meinung, sie habe nur ihre Pflicht getan. Schließlich erzählt eine Zeugin, Hanna habe KZ-Insassinnen dazu gezwungen, ihr vorzulesen.
Michael ist fassungslos und ihm wird klar, warum Hanna so distanziert wirkt und scheinbar emotionslos die Hauptschuld auf sich nimmt: sie kann nicht lesen. Und das ist ihr so peinlich, dass sie lieber die Höchststrafe riskiert. Nur er könnte Hanna entlasten. Hin- und hergerissen zwischen Abscheu und der Liebe, die er einst empfand, muss er eine Entscheidung treffen.
Im Gegensatz zu vielen anderen US-Filmen, die sich mit dem Holocaust befassen, liefert "Der Vorleser" keine eindimensionale schwarz-weiß-Zuschreibung von gut und böse. Auch Täter können in anderen Zusammenhängen Opfer sein, was nicht heißen muss, dass das ihre Verbrechen rechtfertigt. Hannah nutzte eine Machtposition für ihre Zwecke aus - auf der anderen Seite haben aber auch andere Macht über sie, weil sie Analphabetin ist. Dass Hanna jedes Unrechtsbewusstsein zu fehen scheint, weil sie "nur ihre Pflicht getan" hat, jagt einem kalte Schauer über den Rücken.
Die Romanvorlage von Bernhard Schlink sorgte ebenso für Kontroversen wie der Film, schließlich greift er gleich mehrere heikle Themen auf: Verführung Minderjähriger, Analphabetismus, Holocaust, Vergangenheitsbewältigung. "Der Vorleser" wühlt auf. Genauso wie Michael verspürt man gleichzeitig Mitleid mit Hanna und Ekel vor ihren Taten und ihrer Haltung.
Eines steht jedoch außer Frage: Kate Winslet, die für die Rolle der Hanna völlig zu Recht mit Preisen überhäuft wurde (Golden Globe, Oscar, BAFTA) spielt mit einer unglaublichen Intensität, die an die Nieren geht. Sie schafft es, in einem einzigen Gesichtsausdruck zu vermitteln, wofür manch andere einen viertelstündigen Monolog bräuchten. Aber auch David Kross liefert eine beeindruckende Leistung - im deutschen Kino auf alle Fälle jemand, den man sich merken sollte. Abgesehen davon, dass er selbst neben einem Kaliber wie Bruno Ganz glänzt, macht er auch nackt gute Figur...
6/10
http://www.dervorleser-film.de
R: Stephen Daldry
D: Kate Winslet, David Kross, Ralph Fiennes, Bruno Ganz
Der Schüler Michael wird von einer älteren Frau verführt und dazu gebracht, ihr aus Büchern vorzulesen. Er ahnt nicht, welche Geheimnisse auf der wortkargen Hanna lasten.
Deutschland 1958 - Auf dem Schulweg wird dem 15-jährigen Michael (David Kross) schlecht, die Straßenbahnschaffnerin Hanna Schmitz (Kate Winslet) kümmert sich um ihn und bringt ihn nach Hause. Als er sie später besucht um sich zu bedanken, verführt Hanna den Schüler, der nur halb so alt ist wie sie. Die beiden beginnen eine leidenschaftliche Affäre.
Michael ist fasziniert von der älteren Frau und verliebt sich in sie, doch Hanna hält ihn auf Distanz. Sie scheint ganz gierig auf Literatur zu sein und es wird zur Gewohnheit, dass ihr Michael vor dem Sex aus Büchern vorliest. Einen Sommer lang dreht sich das Leben für Michael nur noch um Hanna, er vernachlässigt seine Familie und Freunde. Doch von einem Tag auf den anderen verschwindet Hanna spurlos, ohne jede Nachricht.
Acht Jahre später studiert Michael Jura in Berlin. Im Rahmen eines Seminars beobachtet er einen Prozess gegen fünf ehemalige Wärterinnen des KZ Auschwitz, die für den Tod von 300 Menschen verantwortlich sein sollen. Michael ist zutiefst erschüttert, Hanna auf der Anklagebank zu sehen. Sie wirkt völlig gefühllos und ist der Meinung, sie habe nur ihre Pflicht getan. Schließlich erzählt eine Zeugin, Hanna habe KZ-Insassinnen dazu gezwungen, ihr vorzulesen.
Michael ist fassungslos und ihm wird klar, warum Hanna so distanziert wirkt und scheinbar emotionslos die Hauptschuld auf sich nimmt: sie kann nicht lesen. Und das ist ihr so peinlich, dass sie lieber die Höchststrafe riskiert. Nur er könnte Hanna entlasten. Hin- und hergerissen zwischen Abscheu und der Liebe, die er einst empfand, muss er eine Entscheidung treffen.
Im Gegensatz zu vielen anderen US-Filmen, die sich mit dem Holocaust befassen, liefert "Der Vorleser" keine eindimensionale schwarz-weiß-Zuschreibung von gut und böse. Auch Täter können in anderen Zusammenhängen Opfer sein, was nicht heißen muss, dass das ihre Verbrechen rechtfertigt. Hannah nutzte eine Machtposition für ihre Zwecke aus - auf der anderen Seite haben aber auch andere Macht über sie, weil sie Analphabetin ist. Dass Hanna jedes Unrechtsbewusstsein zu fehen scheint, weil sie "nur ihre Pflicht getan" hat, jagt einem kalte Schauer über den Rücken.
Die Romanvorlage von Bernhard Schlink sorgte ebenso für Kontroversen wie der Film, schließlich greift er gleich mehrere heikle Themen auf: Verführung Minderjähriger, Analphabetismus, Holocaust, Vergangenheitsbewältigung. "Der Vorleser" wühlt auf. Genauso wie Michael verspürt man gleichzeitig Mitleid mit Hanna und Ekel vor ihren Taten und ihrer Haltung.
Eines steht jedoch außer Frage: Kate Winslet, die für die Rolle der Hanna völlig zu Recht mit Preisen überhäuft wurde (Golden Globe, Oscar, BAFTA) spielt mit einer unglaublichen Intensität, die an die Nieren geht. Sie schafft es, in einem einzigen Gesichtsausdruck zu vermitteln, wofür manch andere einen viertelstündigen Monolog bräuchten. Aber auch David Kross liefert eine beeindruckende Leistung - im deutschen Kino auf alle Fälle jemand, den man sich merken sollte. Abgesehen davon, dass er selbst neben einem Kaliber wie Bruno Ganz glänzt, macht er auch nackt gute Figur...
6/10
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weirdsista - 3. Apr, 16:36
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