Mittwoch, 27. Mai 2009

Rachels Hochzeit (Rachel Getting Married)

USA 2008
R: Jonathan Demme
D: Anne Hathaway, Rosemarie DeWitt, Anisa George, Bill Irwin

Nach neun Monaten darf die drogensüchtige Kym erstmals die Entzugsklinik verlassen, um zur Hochzeit ihrer älteren Schwester Rachel nach Hause zurück zu kehren.

rachel_getting_marriedDie Hochzeitsfeier findet auf dem Grundstück von Kyms Vater (Bill Irwin) statt, das Haus ist voller Menschen, alle sind aufgeregt und angespannt. Kym (Anne Hathaway), kettenrauchend und ständig schwarz gekleidet, fühlt sich nicht zugehörig zur fröhlichen, bunten Hochzeitsgesellschaft. Wie ein Fremdkörper bricht sie in eine scheinbar heile Welt ein und reißt alte Wunden auf.

Die Situation ist angespannt, Kym fühlt sich ständig beobachtet, sie hat den Eindruck, dass man ihr vergangene Fehler ohnehin nicht verzeiht, egal wie sehr sie sich bemüht. Sie denkt, alle würden nur darauf warten, dass sie etwas anstellt, also geht sie erst recht auf Konfrontationskurs. Anne Hathaway legt in dieser Rolle eine beachtliche Leistung ab. Das nette Mädchen aus "Plötzlich Prinzessin" ist zur überzeugenden Charakterdarstellerin gereift. Dafür gab es auch eine Oscar-Nominierung.

Kyms Vater und ihre Schwester Rachel (Rosemarie DeWitt) sind hin- und hergerissen zwischen der Freude, Kym wieder bei sich zu haben und der Sorge um das Problemkind, zwischen der Aufregung rund um die Hochzeit und lange aufgestauten negativen Gefühlen. Rachel ist gereizt, weil sich wie immer alles um ihre Schwester dreht, wenigstens einmal möchte sie im Mittelpunkt stehen, schließlich ist sie die Braut.

Jonathan Demme, Regisseur von "Das Schweigen der Lämmer" und "Philadelphia", gelingt ein eindrucksvolles Porträt einer dysfunktionalen Familie, in der es viele Schwierigkeiten, aber auch sehr viel Liebe gibt. Eine wackelige Handkamera vermittelt Homevideo-Feeling, der Zuschauer fühlt sich ins Geschehen hineinversetzt, als wäre er ebenfalls ein Gast auf der Hochzeit. Dadurch wirken Momente der Konfrontation noch sehr viel stärker, es entstehen aber auch Längen.

Das Familienfest, bei dem sich letztendlich alle hemmungslos streiten anstatt in Harmonie zu feiern, ist ein beliebtes Motiv im Kino, von "Das Fest" bis "Pieces of April" oder "Der Eissturm". Durch die Anspannung, ein schönes Fest feiern zu wollen, brechen lange schwelende Konflikte erst recht aus und es fliegen die Fetzen. Das ist Kino, das ans Eingemachte geht: Wer sich nicht an ähnliche Situationen mit der eigenen Familie erinnert fühlt, kann sich glücklich schätzen.

7/10

>> Rachels Hochzeit
>> Familienfeste am Rande des Nervenzusammenbruchs: Best Thanksgiving Movies, sehr sehenswert ist auch "No Panic" mit Denis Leary und Kevin Spacey (spielt zu Weihnachten) - tja, und nicht zu vergessen: "Muttertag"!

Wahlkampf für Hirnamputierte



Eigentlich denk ich mir ja auch immer, das gibt's ja net, sind die Leute echt so dumm? Aber, andererseits, wie sagt Agent K in "Men In Black": "One a person is smart. People are dumb, panicky, dangerous animals, and you know it."

Die Herzogin (The Duchess)

USA 2008
R: Saul Dibb
D: Keira Knightley, Ralph Fiennes, Dominic Cooper, Hayley Atwell, Charlotte Rampling

herzogin
Die Herzogin von Devonshire bezauberte mit ihrem Charme ganz London, war Fashion-Ikone und politische Aktivistin. Nur ihr Mann hatte leider nicht das geringste Interesse an ihr...

Georgiana Spencer (Keira Knightley), eine Vorfahrin von Lady Di, ist noch keine 18, als sie mit dem sehr viel älteren Herzog von Devonshire (Ralph Fiennes) verheiratet wird. Schon bald stellt sie fest, dass ihr Mann ein notorischer Schürzenjäger ist, der sie bloß als Gebärmaschine sieht, die ihm einen männlichen Erben schenken soll. Abgesehen davon ist sie ihm völlig egal.

Jahre später ist Georgiana Mutter von zwei Töchtern und der strahlende Mittelpunkt der Londoner Gesellschaft des 18. Jahrhunderts. Sie wird zur Stilikone, ihre Schönheit und ihr mädchenhafter Charme bezaubern Adelige, Politiker und Volk gleichermaßen - nur den Herzog nicht. Für ihn hat sie versagt, weil sie keinen Sohn geboren hat. Als er eine Affäre mit Georgianas bester Freundin beginnt, die sogar mit ihren Söhnen ins Schloss einzieht, hat "G." endgültig genug.

Sie sieht keinen Grund mehr, ihre Gefühle für den aufstrebenden jungen Politiker Charles Gray (Dominic Cooper) länger zurück zu halten. Georgiana weiß, dass sie mehr verdient als die lieblose Ehe mit dem eiskalten Herzog. Sie ist lebenslustig, romantisch, ein Freigeist, der sich für revolutionäre Ideen einsetzt. Dennoch scheitert sie an den Konventionen ihrer Zeit, wo Frauen für Männer nicht mehr waren als Besitz und vor dem Gesetz so gut wie keine Rechte hatten.

Ralph Fiennes gibt einen fantastischen Fiesling ab, als gefühlskalter Herzog erinnert er an seine Rolle als KZ-Aufseher in "Schindlers Liste". Keira Knightley liebt und leidet höchst überzeugend, so dass man sogar zwischendurch darauf vergisst, dass man sie eigentlich mit Cremetörtchen vollstopfen möchte, bis sie endlich ein paar Kilo mehr auf die Rippen bekommt.... Zweifellos gelingt es ihr mit Leichtigkeit, eine Frau zu verkörpern, die durch ihren Charme und ihr Aussehen alle in ihren Bann zieht - es wäre allerdings langsam spannend, sie endlich einmal in einer anderen Rolle zu sehen als der des süßen Mädchens.

Der Film beruht auf einer wahren Geschichte, als Vorlage diente die Biographie "Die Herzogin von Devonshire" von Amanda Foreman. Fans edler Kostümfilme kommen voll auf ihre Kosten, schwindelerregend hohe Perücken, opulente Ausstattung und glamouröse, aufwändige Roben (Kostüm-Oscar) lassen das Herz aller Romantiker mit Faible für Historiendramen vor Freude hüpfen. In jedem Fall geht man als Frau gestärkt aus dem Kino, heilfroh, dass man im 21. Jahrhundert lebt, nicht völlig männlicher Willkür ausgeliefert und wahlberechtigt.

6/10

Die Herzogin
historische Figur Georgiana Cavendish, Duchess of Devonshire
Buchvorlage

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