Sonntag, 15. Januar 2006

Praktisch, aber gefährlicher als vermutet: die Pille

Zerstört die Pille weibliche Libido auf Dauer?

Schon die sechsmonatige Einnahme der Antibabypille könnte die sexuelle Lust von Frauen für den Rest des Lebens zerstören (!!!), glauben amerikanische Forscher - auch wenn die Pille danach abgesetzt wird. Die über Jahrzehnte genährte Illusion vom sexuellen Genuss ohne Reue droht zu platzen. Was nützt die durch die Pille erstmalig in der Menschheitsgeschichte gewonnene sexuelle Freiheit, wenn frau keine Lust verspürt, sie auch tatsächlich zu nutzen? Diese ketzerische Frage mag sich in den vergangenen Jahrzehnten so manche Frau heimlich gestellt haben, wenn sie sich trotz Pille kaum oder überhaupt nicht für die sexuellen Avancen des anderen Geschlechts interessierte.

Mit der Pille schwindet die Lust
Die weit verbreitete Lustlosigkeit wurde bisher eher als individuelles Gesundheitsproblem oder gar als persönliches Versagen im Sinne einer seelischen Macke interpretiert. Dass die Antibabypille selbst etwas damit zu tun haben könnte, wurde kaum thematisiert. Zwar konnten selbst die größten Pillen-Fans nicht übersehen, dass die Libido gelegentlich in den von manchen Ärzten verordneten Pillenpausen am größten war, doch gingen Mediziner und Pillenkonsumentinnen bisher optimistisch davon aus, dass die von manchen Frauen beklagte Lustlosigkeit nach Absetzen der Pille ebenso folgenlos verschwinden würde, wie sie sich ursprünglich eingestellt hatte. Auch aufgrund dieser optimistischen Grundeinstellung nehmen derzeit weltweit etwa 100 Millionen Frauen die Pille ein und scheren sich kaum um die Nebenwirkungen des Medikaments.

Besorgnis erregende Fakten
Eine jetzt im Wissenschaftsmagazin "New Scientist" publizierten Studie entzieht diesem Optimismus den Boden, indem sie den Nachweis erbrachte, dass die Pille - zumindest bei entsprechend veranlagten Frauen, schon nach kurzer Einnahmedauer in der Lage ist, die hormonelle Basis für sexuelles Verlangen möglicherweise auf Dauer zu zerstören. An der Boston University hatte ein Team unter der Leitung des renommierten Sexualmediziners Irwin Goldstein 125 Frauen im mittleren Lebensalter untersucht, die aufgrund von Sexualstörungen ärztliche Hilfe gesucht hatten. Von diesen Patientinnen nahmen 62 die Pille ein, 40 hatten die Pille in der Vergangenheit eingenommen und nur 23 hatten keine Erfahrungen mit diesen empfängnisverhütenden Medikamenten.

Langfristig zu niedriger Hormonspiegel
Die über einen Zeitraum von einem Jahr alle drei Monate durchgeführten Blutanalysen ergaben sowohl bei den Frauen, die zum Untersuchungszeitpunkt die Pille einnahmen, als auch bei ihren Geschlechtsgenossinnen, die früher die Pille eingenommen hatten, abnorm hohe Blutkonzentrationen des Eiweiß-Körpers SHGB, der das männliche Sexualhormon Testosteron an sich bindet und so dessen Wirkung blockiert. Testosteron ist dafür verantwortlich, dass Frauen Spaß am Sex haben. Die Konzentrationen des Testosteron bindenden SHBG waren bei den Pillenkonsumentinnen zwischen 300 und 700 Prozent erhöht. Zwar sank die Konzentration von SHBG, nachdem die Frauen die Einnahme der Pille beendet hatten, doch sie stabilisierte sich auf einem erstaunlich hohen Niveau. Ursprünglich hatten die Mediziner erwartet, dass sich die SHBG-Konzentration innerhalb von sechs Wochen normalisieren würde. Doch dazu kam es nicht. "Wir befürchten nun, dass die untersuchten Frauen auf Dauer sehr niedrige Testosteron-Blutspiegel haben werden", sagte Claudia Panzer, eine Mitarbeiterin von Goldstein, der Zeitung "The Guardian". Dies könne negative Auswirkungen auf ihr Sexualleben haben. Bereits in früheren Untersuchungen hatte Irwin Goldstein, bis vor kurzem Direktor des "Institute for Sexual Medicine" an der Boston University, nachweisen können, dass die Pille den Testosteronspiegel typischerweise auf ein Drittel jener Menge absenkt, die nach derzeitigem Wissen erforderlich ist, damit die Frauen überhaupt Lust auf Sex haben.

Warnung vor sorglosem Umgang mit der Pille
Auf einem in Washington, D.C. veranstalteten wissenschaftlichen Treffen der "American Association of Clinical Endocrinologists" warnte Goldstein daher die auf hormonelle Störungen spezialisierten Mediziner: "Es ist durchaus möglich, dass die Pille schon nach kurzer Einnahmedauer den Stoffwechsel der Frauen für den Rest ihres Lebens prägt." Und seine Kollegin Panzer kritisierte den jahrzehntelangen sorglosen Umgang mit den hochwirksamen Hormonpräparaten: "Wenn Pillen wie Bonbons verteilt werden, kommt es sicher oft vor, dass die Ärzte ihre Patientinnen nicht genügend über die drohenden Nebenwirkungen aufklären. Zwar ist vermutlich nicht jede Frau gleichermaßen gefährdet - trotzdem sollten alle Frauen sehr sorgfältig über alle Vor- und Nachteile der Pille Bescheid wissen." Und zu dieser Aufklärung gehört auch, dass die mittlerweile nachgewiesenen unerwünschten Nebenwirkungen der Pille schonungslos beim Namen genannt werden. Als die Antibabypille Anfang der sechziger Jahre zumindest in den Industriestaaten breit verfügbar wurde, bedeutete dies für Frauen eine Zeitenwende. Für die Verheißung von sexuellem Genuss ohne Reue waren die meisten Frauen fortan gern bereit, die bekannten, mitunter überdramatisierten Pillen-Risiken in Kauf zu nehmen.

Risiko lebensbedrohlicher Erkrankungen
Wissenschaftliche Studien hatten gezeigt, dass die Pille das Risiko von Thrombosen und Geschwülsten wie Gebärmutterhals- und Leberkrebs erhöht. Dies wird wiederum durch niedrigere Raten an Gebärmutterkörper- und Eierstockkrebs kompensiert. Ein erhöhtes Brustkrebs-Risiko, von dem Frauenärzte in ihrer offiziellen Einschätzung bis heute ausgehen, besteht hingegen nicht. Zumindest legen das die Ergebnisse der 2002 erstellten Care-Studie nahe, an der 9200 Amerikanerinnen teilnahmen.
Relativ früh bemerkten allerdings viele Frauen, dass sie unter der Pille zu schwer kontrollierbaren Stimmungsschwankungen neigten, ihre Idealfigur durch zusätzliche Pfunde gefährdeten und erst in den von manchen Ärzten verordneten Pillenpausen wieder Interesse am Sex bekamen.

Pille ist nicht gleich Pille

Nun sieht es so aus, als würde die von Goldstein und seinem Team publizierte Studie an den Fundamenten des schon immer wackeligen Kompromisses rütteln, der viele Frauen dazu gebracht hat, all die durch die Medien geisternden Pillen-Risiken im Interesse der sexuellen Freiheit halbherzig in Kauf zu nehmen. Eine Sprecherin der britischen "Family Planning Association" (FPA) erinnerte in diesem Zusammenhang, dass nicht alle Pillen den Testosteron-Blutspiegel in gleichem Maß absenken. Außerdem wird das sexuelle Verlangen von vielen Faktoren bestimmt. Allerdings sei es für Frauen mit tatsächlich bestehenden sexuellen Problemen durchaus sinnvoll, entweder eine andere Pille auszuprobieren, oder gleich auf ein zuverlässig wirkendes Verhütungsmittel auszuweichen, das keine Sexualhormone enthält.


Quelle: t-online

Persönliche Erfahrung: seit 4 Monaten Pillen-frei und deutlich mehr Lust, bessere Haut, seltener Kopfschmerzen, weniger Appetit auf Süßigkeiten.

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